Sonntag, 19. Januar 2014

Sammelpost

Das neue Mediengesetz wurde angenommen - zensiert wurde ich jedoch nicht.
Mit meinem roten Pass auszureisen wird mir dringend abgeraten - festhalten tut mich aber hier niemand.
Die Justiz wurde anscheinend demokratisiert - und doch lässt mich das quasi Volks-Recht in Frieden.
Correo Argentina behält vieles für sich - die Reisefreiheit meiner Briefe scheint jedoch gesichert.
Untergetaucht bin ich schon öfters - zurückgekehrt bin ich noch immer.

Nicht einfach zu verstehen, warum seit einem halben Jahr keine Telegramme mehr angekommen sind. Deshalb verzichte ich wohl auch auf weitere Erklärungen, da sie mich nicht vernünftiger erscheinen lassen. Obwohl es könnte sein, dass einfach nichts geschehen ist im vergangenen halben Jahr. Dem versuche ich nun entgegenzuhalten. Und das in der wohl schönsten literarischen Form einer quasi Massenmail über ein verstrichenes halbes Jahr, welches nur mit ein paar ganz wenigen Lieben aus der alten Welt (zumindest für einen kurzen Moment) en vivo geteilt werden konnte.
Na ja, das ich nun sechs Monate zusammenfassen muss, habe ich mir selbst eingebrockt, dass ihr es auslöffeln werdet, versteht ihr hoffentlich…

Um des leichteren Verständnisses wegen, werde ich mich an verschiedenen Lebensbereichen orientieren, ohne immer die Chronologie zu vergessen.

Die eher trockenen Themen bringen wir lieber am Anfang hinter uns. Die Wirtschaftslage hier ist sehr konstant. Wir erleben eine kontinuierliche Entwicklung der Inflation, dessen Wachstum sich doch manches Land für ihr BIP wünschen würde. Deshalb hat sich mein marktwirtschaftliches Betätigungsfeld auch ausgeweitet und ich fröne der sicheren Anlagestrategie.
Auf der Pferderennbahn im Norden der Stadt (herzlichsten Dank der  genialen Bildgestalterin)...
…oder beim Strassenhändler für Lottoscheine.
Da es sich wohl um eine langfristige Strategie handelt, warte ich noch auf die Rendite. Meine Pferde laufen sich anscheinend noch warm und die Lottoscheine - na ja, man sollte anrufen, um sich über die Glückszahlen zu informieren.

Der wirtschaftliche Druck lässt zum Glück (wenn auch nicht das im Spiel) die Menschen nicht verzweifeln. So feiern wir weiter und geniessen die kulturellen Annehmlichkeiten.
Frohnatur
Der eher gewöhnungsbedürftige argentinische Zeitplan macht mir das Leben sicherlich nicht einfacher. Spät raus - spät nach Haus, für eine Lerche eine Herausforderung. Da muss man die strengen Morgen im Büro möglichst vermeiden.
(Obwohl sie sich ab und an doch ereignen)
Deshalb ist ein gesunder sportlicher Ausgleich unumgänglich. Das Angebot ist riesig (wenn auch die Wälder zum Streunen fehlen). So habe ich meinen ersten Pizza-Marathon absolviert.
Acht Kilometer auf der Avenida Corrientes und unzählige Verpflegungsstopps in Pizzerias.
Oder ich wäre fast im Ruderteam des Club Suizo gelandet (die Mitgliedskosten verursachten jedoch Muskelkrämpfe) und auf Rat meines Hermanitos ziehe ich nun die Mitgliedschaft im Fitnessclub in Betracht.
Und eine gesunde Ernährung vervollständigt den argentinischen Lebensstil. Viele Neuentdeckungen gab es nicht. Obwohl ich vermehrt dem Soja zugetan bin. Natürlich auch um die Industria Argentina (siehe oben) zu unterstützen, da sie ja kaum noch Soja exportieren kann. In diesem Sinne trinkt Ades!
Wertvoller Multivitaminsaft mit Sojamilch
Ach und hätte ich es fast vergessen - ich bin Veganer geworden. Natürlich möchte ich kein Radikaler sein, so mache ich einen Kompromiss beim Fleisch aber sonst - hmm ich bin überzeugt.

Und was vom Tag noch übrig bleibt wird im besten Sinne genutzt…
…Füsse hoch...
…Aussicht geniessen...
…in die Ferne schweifen...
…und zurücklehnen. 
Mit dem letzten Bild sind wir wieder in Mar del Plata, dort von wo ich vor sechs Monaten geschrieben habe. Na ja, anscheinend passiert doch nicht so viel. Hat den Vorteil, dass sich die Sammelpost nicht weiter in die Länge zieht. Und für mich Anlass genug, im schönen neuen Jahr, wieder tiefer in die Geschichten einzutauchen...